Was bisher geschah, lest Ihr hier!
Schon oft habe ich von Anatols grandiosen Putzaktionen berichtet. Der Saurier liebt es, wenn sein Heim blitzt und blinkt – dazu verwendet er gern Putzmittel ohne Chemie. Wo Anatol seine geschätzten Haushaltshelferchen kauft, werden wir in einem anderen Post berichten!
Heute wollen wir uns jedoch einem anrüchigen Thema widmen, von dem wir hoffen, dass keiner unserer Leser je damit in personam konfrontiert werden möge. Falls dies doch geschehen sollte: hier die Anleitung zu dem, was dann zu tun ist.
Seit Wochenbeginn (ich berichtete) ist unsere Wohnung kaum noch zu betreten. Ein pestilenzartiger Gestank durchzieht das ganze Appartement, wobei besonders die Küche betroffen ist. Ausgedehnte Suchaktionen (in den Lüftungsschlitzen, der Rumpelkammer, unter und hinter den Möbeln) haben keine Erkenntnisse hinsichtlich der möglichen Quelle gebracht. Der Verwesungsgeruch wird von Tag zu Tag schlimmer – es ist klar, dass wir hier nicht länger leben können, wird das Problem nicht umgehend behoben.
Nach unserer schönen Fahrradtour entlang der Murg waren wir gestern gegen 21 Uhr erschöpft nach Hause gekommen. Ob der unerträglichen Geruchsbelästigung hatte Anatol sich ungeachtet seiner Müdigkeit auf die Suche gemacht, mit dem festen Entschluß, nicht abzulassen, bevor er der Sache nicht auf den Grund gegangen sei.
Als der Kühlschrank von der Wand abgerückt ist, tritt die Geruchsquelle zu Tage:
Ein mir bis dahin völlig unbekannter Behälter unten am Kühlschrank an der hinteren Wand ist randvoll gefüllt mit „etwas“, das ich auch heute nur mit angehaltenem Atem als in höchstem Maße ekelerregend beschreiben kann.
Ein erster Reinigungsversuch endet mit starkem Würgereiz – und Flucht. Uns wird klar, dass wir des Problems wenn überhaupt nur mit einer angemessenen Ausrüstung, möglicherweise sogar im Schutzanzug, Herr werden können.
Wir versiegeln die Küche und beschließen, erst am nächsten Morgen den Kampf gegen das Grauen unter dem Kühlschrank aufzunehmen.
Als der Tag anbricht und die ersten Sonnenstrahlen unseren Balkon vergolden, wissen wir, dass das Ende des Gestanks gekommen ist. Wir frühstücken beim Bäcker – unsere Küche kann nicht mehr genutzt werden. Dann entsiegeln wir die Küchentür.
Hinter mir ertönt ein Rascheln – dann das Klicken der Haustür.
Elie verlässt eilig die Wohnung. Seine Geruchstoleranzschwelle ist offenbar erreicht.
Ich entferne alle Gegenstände aus der Küche – sie sollen nicht mehr benutzt werden, bevor sie nicht abgekocht, desinfiziert und gründlich gereinigt sind. Ob dies aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist, weiss ich nicht; Anatol will jedoch keines der Utensilien wieder anrühren, so lange es nicht peinlichst gesäubert ist.
Der Saurier hat indessen im Internet recherchiert und ist bei „Frag-Mutti.de“ fündig geworden:
Gestank durch Kühlschrank / Wasserauffangbehälter
Moderne Kühlschränke haben einen Auffangbehälter für Kondenswasser, welches meist an der inneren hinteren Wand entsteht. Der Kondensatbehälter ist meist offen und befindet sich hinter dem Kühlschrank meist direkt auf dem Kompressor.
Wenn das Wasser nicht schnell genug verdunstet, fängt es an zu faulen und produziert undefinierbaren Mief, bevor es irgendwann einen penetranten fäkalartigen Gestank verbreitet.
Die Beschreibung entspricht in allen Punkten der vorliegenden Situation.
Nachdem wir den Artikel durchgelesen haben, wissen wir, was zu tun ist. Der Kondenswasserbehälter muss entleert, gesäubert und ent“duftet“ werden, danach kann man ihn wieder einbauen und das Problem sollte behoben sein.
Nur wohin mit der reichlich vorhandenen „dickflüssigen Masse“, die ich hier nicht näher beschreiben möchte? Wie entferne ich sie überhaupt aus dem Behälter, ohne sie zu verschütten? Wieder ergreift mich der Würgereiz.
„Das muss man mit Klopapier aufsaugen, wegwerfen und dann ausputzen!“ weiss der Butler und hat auch schon die notwendigen Hilfsmittel zusammengestellt.
Dann nähert sich der Butler todesmutig dem Kühlschrank. Ein Luftstoß aus dem Flur lässt Anatol eine regelrechte Duftwolke entgegenschlagen. Panik, Ekel und Würgereiz ergreifen den Saurier – er dreht sich auf dem Absatz um, rennt fort und springt mit einem Satz auf den Fenstergriff, wo er die frische Luft begierig einatmet.
Ich seufze. Offenbar bleibt der härteste Teil des Einsatzes wieder einmal an mir hängen.
Dank der von Anatol klug zusammengestellten Ausrüstung gelingt es mir, mit Klopapier zuerst den größten Teil der „Masse“ aus dem Behälter aufzusaugen und sofort wegzuwerfen. Gummihandschuhe leisten mir dabei gute Dienste.
Achtung, diese Arbeit kann nur von außerordentlich hartgesottenen Mitmenschen durchgeführt werden!
Als das Schlimmste entfernt ist, gelingt es mir, ohne die grauenerregende Reste zu verschütten, die Auffangschale aus ihrer Halterung zu lösen bzw. abzuklipsen.
Nun kann selbige im Seifenbad mit viel ätherischem Orangenöl eingeweicht werden.
Was die widerlichen angetrockneten Reste sind, die man noch erkennen kann, wollen wir nicht so genau wissen.
Anatol rückt indessen mit einem seiner Lieblingsutensilien an, um unter dem Kühlschrank sauberzumachen.
Nach einem längeren Verbleib im Chlorbleichebad ist die Auffangschale wieder einsatzbereit. Ich klipse sie auf ihren Kondensator, schiebe den Kühlschrank zurück an die Wand und atme die frische, geruchslose Luft ein.
Anatol stösst ein erleichtertes Seufzen aus. „Ich glaub, wir haben es geschafft! Es riecht nicht mehr!“
Seit Tagen habe ich mich in unserer Wohnung nicht mehr so wohl gefühlt.
„Anatol, woher mag denn diese grauenvolle Soße in der Auffangschale gekommen sein? Sowas passiert doch nicht „einfach so“ – oder?“
Der Saurier druckst verlegen herum. Offenbar weiss er etwas, das er mir nicht sagen will. Ich bestehe indessen auf einer Antwort.
„Nun ja … da war letztens etwas. Und zwar war beim Auftauen des Katzenfutters …“ hier stockt der Butler. Anatol stellt eigens für die Katzen ein ernährungsphysiologisch wertvolles Rohfleischfutter, auch BARF („biologisch artgerechte Rohfütterung“) genannt, her.
„Was war da …?“ frage ich drohend.
„Also es ist ausgelaufen. Aus der Gefriertüte. Sie ist im Kühlschrank umgekippt und alles ist raus. Ich habe natürlich den ganzen Kühlschrank ausgewischt und geputzt!“ beeilt sich der Butler hinzuzufügen. „Aber da war muss wohl einiges schon in die Kondenswasserauffanganlage hineingeflossen sein.“
Ich fühle mich gerade so, als müsse ich schnellstens die Keramikabteilung unserer Wohnung aufsuchen. Mein Magen dreht sich schon wieder um.
„Der Unfall hätte genauso bei fleischfressenden Mitbürgern passieren können!“ zetert Anatol. „Was da ausgelaufen ist, hatte alles Lebensmittelqualität!“
„Hatte, Anatol“ seufze ich. „Hatte.“