66. Kapitel – Im Supermarkt: ein Drabble

Freudestrahlend kommt Elie vom Einkaufen. “Heute war alles kostenlos!” ruft er uns entgegen, eine große Einkaufstüte hinter sich herzerrend.

“Das kann nicht sein,” sage ich. Anatol runzelt die Stirn.

“Ich sag Euch, da war kein Kassierer! Die anderen Leute haben ihre Sachen vor einen Bildschirm gehalten; das hat gepiept. Konnte ich aber nicht genau sehen: bin zu klein.”

Ich erstarre. Anatol verdreht die Augen.

Der COOP hat kürzlich auf automatische Kassen umgestellt.

“Wie bist Du aus dem Laden herausgekommen?” frage ich entsetzt. “Na zu Fuß!” Elie ist nicht groß genug, um die Diebstahlsicherung auszulösen.

Der heutige Einkauf war sehr preiswert.

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Diese Geschichte ist ein sogenannter „Drabble„. Ein Drabble ist eine Geschichte, die aus genau 100 Wörtern besteht – es ist gar nicht einfach, einen Drabble zu schreiben. Ich hoffe, wir haben uns nicht verzählt: Anatol hat auch noch mal nachgezählt.

Auf die Idee mit dem Drabble kam Anatol, als er im dem tollen Blog von Wortman stöberte, wo es außer Drabbles noch viele andere interessante und schöne Geschichten zu lesen gibt!

 

65. Kapitel – Schreibprobleme

Was ist los mit dem Blog? Wieso kommen keine neuen Beiträge? Ist die Schreibblockade, die sich bisher nur auf meine Novelle beschränkte, nun auch auf den Blog übergegangen?

Nein, so ist es zum Glück nicht. Seit einigen Wochen habe ich eine sehr hartnäckige Sehnenscheidenentzündung im rechten Arm; teilweise konnte ich sogar gar nicht schreiben, auch bei der Arbeit nicht.

Deshalb muss ich mich schonen, damit es dem Arm bald besser geht.

Anatol hat bereits eine Handgelenksschiene (eine sogenannte Orthese) beschafft und mir vorhin Kühlelemente auf den Arm gelegt. Das lindert etwas.

Nachher muss ich diese Schiene mal länger tragen – schreiben ist damit mühsam. Anatol will eigentlich, dass ich im Moment gar nichts schreibe.

Aber wir melden uns bald wieder!

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64. Kapitel – Beim Arzt

Es ist 7 Uhr 30. Auf Zehenspitzen will ich die Wohnung verlassen – heimlich und ohne mich zu verabschieden. Heute ist ein besonderer Tag: am Vormittag habe ich den Termin bei der Neurologin, auf den ich seit Monaten warte.

Eine lästige Unruhe hat mich seit ein paar Tagen beschlichen. Was, wenn die Ärztin mich wieder zum MRT in die Röhre schicken oder mir meine Migränemedikamente wegnehmen will? Wenn sie mich zur Einnahme von Antiepileptika zwingen oder gar versuchen will, mir weiszumachen, dass ich mir die Migräne nur einbilde und mich nicht so anstellen soll …?

Diese und ähnliche Horrorszenarien spuken mir im Kopf herum, seit der Termin näher rückt. Aus diesem Grunde habe ich gestern heimlich entschieden, das Ganze einfach zu „vergessen“ – und aus allen Wolken zu fallen, wenn die Butler mich heute Abend nach meinem Arzttermin fragen werden.

Nun ist es wichtig, unauffällig aus der Wohnung zu verschwinden, um nicht noch einmal an den Termin „erinnert“ werden zu können. Die Flucht gelingt – keiner der beiden Butler ruft mir hinterher „Aber denk bitte an den Arzttermin!“. Elie schlummert im Nestchen, und Anatol muss wohl in der Küche zugange sein. Vorsichtig ziehe ich die Tür ins Schloß und schleiche die Treppe hinunter.

Kurze Zeit später bin ich im Büro und beginne wie jeden Morgen, meine Korrespondenz des Vortages zu sortieren und zu archivieren. Dann bereite ich den Tagesplan vor und stelle erfreut fest, dass heute mehrere schwierige Sitzungen anstehen, welche ein Vergessen des Arzttermins durchaus rechtfertigen.

Erleichtert atme ich auf. Heute werde ich der Röhre wohl entkommen.

Gerade will ich mich an die Arbeit machen – eine komplizierte Frage zur Markenparodie muss gelöst werden – da ertönt es messerscharf „So! Du hattest also nicht vor, den Arzttermin wahrzunehmen, den Du gleich hast?“

Ich zucke zusammen und drehe ich um. Anatol springt aus meiner Handtasche hervor und sieht mich böse an. IMG_2605„Vorhin bist Du heimlich aus der Wohnung geschlichen. Sonst verabschiedest Du Dich von den Katzen und von uns. Den Arzttermin hast Du schon länger nicht mehr erwähnt! Das hat meinen Verdacht geweckt. Und ich sehe mich bestätigt! Gerade hast Du eine Sitzung um 10 Uhr 30 anberaumt, obwohl Du genau weisst, dass dann der Termin ist! Er steht ja sogar in Deinem Computer!“

In diesem Moment poppt in der Tat – passend zur Suada des Sauriers – ein Erinnerungsfenster auf dem Bildschirm auf. „Neurologin um 10 Uhr 30!“ sagt es mir.

Zerknirscht gebe ich zu, dass ich mir den Termin noch hatte „offenhalten“ wollen – auf Grund der starken Arbeitsbelastung.

Anatol schnaubt wütend. „Um 10 Uhr fahren wir los zu diesem Termin! Keine Widerrede! Gut, dass ich mitgekommen bin. Ich hatte es seit ein paar Tagen im Gefühl, dass Du Dich drücken wolltest!“IMG_2603

Dem widerspreche ich selbstverständlich. Von „sich drücken wollen“ könne keine Rede sein – wegen meiner hohen Arbeitsbelastung sei es leider nicht immer möglich, solche Termine einzuhalten.

Da es nun aber erst 7 Uhr 45 sei, habe Anatol sich in meine Handtasche zurückzuziehen. Bald kämen die Kollegen, und da habe er unsichtbar zu sein.

IMG_2604Anatol folgt dieser Aufforderung sogar – nicht ohne mir jedoch gedroht zu haben, ab 10 Uhr Zeter und Mordio zu schreien, falls ich mich dann nicht auf den Weg zum Arzt machte.

Da ich keinen Wert darauf lege, von den Kollegen mit einem schimpfenden kleinen Saurier in der Handtasche überrascht zu werden, stehe ich um 10 Uhr von meinem Schreibtisch auf, nehme meine Tasche und sage meinem Chef, dass ich nun kurz zum Arzt gehe, aber in Kürze wieder da sein werde.

Der Chef nickt nur kurz, winkt mir zum Abschied „Bis nachher!“ zu – und vertieft sich wieder in seine Akten. Die zappelnde Handtasche bemerkt er glücklicherweise nicht.

Die Praxis von Dr. Gisèle ist nicht weit weg. Kurze Zeit später sind wir bei der Anmeldung und müssen noch etwas im Wartezimmer sitzen. Anatol habe ich eingeschärft, absolute Ruhe zu bewahren. Nicht, dass wir beiden noch in der Zwangsjacke bei den Männern mit den weissen Kitteln enden – das ist nun wirklich überflüssig.

Nun werde ich ins Behandlungszimmer gerufen. Anatol ist mucksmäuschenstill – vermutlich hat ihm die Warnung vor der Zwangsjacke doch Angst eingejagt.

Dr. Gisèle will meine gesamte Migränegeschichte hören. Sie nimmt sich Zeit und stellt mir Fragen. Gegen die Migränediät hat sie nichts. Magnesium, Vitamin B 2 und Q10 findet sie eine gute Idee. Dann will sie mich von oben bis unten abklopfen – da scheint alles zu stimmen. Ich höre ein leichtes Kichern aus der Tasche, welches aber sogleich wieder verstummt.

Ein erneutes MRT (die berüchtigte Röhre) hält Dr. Gisèle nicht für erforderlich. Ich atme auf.

Dann erläutert sie die gängigen Prophylaxen – Betablocker und Antiepileptika. Auf meinen erschrockenen Blick hin meint sie, sie sei nicht davon überzeugt, dass diese Medikamente für mich zum jetzigen Zeitpunkt die richtigen seien. Sie schlägt mir vor, die Prophylaxe mit Magnesium, Vit B, Q10 und der Migränediät weiterzuführen und die Entwicklung abzuwarten. Wenn die Migräne schlimmer würde, solle ich doch die Betablocker versuchen.

Mit einem Rezept für ein Triptanspray verlasse ich die Praxis. Anatol tobt in der Tasche herum, weil er sofort in die Apotheke will und das Spray kaufen. Das unterbinde ich jedoch; wir können das Spray auch am Samstag noch kaufen. Nun muss ich aber zurück zur Arbeit. Anatol lasse ich aus meiner Tasche hüpfen, als wir durch meine Straße fahren – der Butler hat den Schlüssel und findet allein nach Hause.

Der Tag vergeht nun ohne weiterer besondere Vorkommnisse. Ich bin glücklich, dass ich meinen Arztermin hinter mir habe!

Als ich Abends müde nach Hause komme, warten die Butler „zur Belohnung“ mit dieser Überraschung auf mich:

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Vielleicht sollte ich öfter zum Arzt gehen?