Im Hinterhof des Palazzo Peruzzi

Heute lesen Anatol und Elie ein neues Kapitel im Blog von Leo und Luzi!

Leo & Luzi

Die untergehende Sonne tauchte die Stadt in ein weiches Licht. Unsere vier Freunde warfen noch einen Blick auf den nun weit hinter ihnen liegenden Bahnhof, dessen Dach unter den letzten Sonnenstrahlen aufleuchtete. Dann bogen sie in ein Gässchen ein, von dem sie hofften, dass es sie an ihr nächstes Ziel führen würde: einen Ort, an dem sie etwas Essbares und eine Bleibe für die Nacht finden würden.

Die enge Straße mit ihrem Gewimmel von Menschen, Ladenauslagen, hupenden Autos und knatternden Vespas, die durch das Gässchen eigentlich gar nicht hindurchzupassen schienen, hatte sie sofort verschluckt. Unbemerkt von dem geschäftigen Trubel um sie herum liefen die Freunde weiter und weiter – ja wohin eigentlich?

An einem Torbogen blieb Edwige stehen und spähte in den dahinter liegenden Innenhof. Verwitterte, abbröckelnde Stuckfassaden zeugten von der Pracht vergangener Jahrhunderte. Blumen und Efeu rankten von den Simsen herunter, hier und da wehte ein Wäschestück im leisen…

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165. Kapitel – Elie schreibt ein Gedicht

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Ihr Lieben, heute schreibe ich, Elie, hier! Anatol hat mir die Zugänge gegeben, nachdem ich ihm versprochen habe, das Böhmermanngedicht nicht zu re-bloggen. Obwohl ich das absolut ätzend finde und mir schon gar keine Worte mehr einfallen, um die imperialistische Knebelmentalität anzuprangern, die hier herrscht, werde ich mich doch daran halten. Sonst krieg ich die Zugänge nie wieder und Schimpfe gibts auch. Susanne hatte was von „Knast“ gefaselt – aber im Knast sind wir ja jetzt schon: im Knast unserer selbstverschuldeten Unmündigkeit!

Ja, ok – wir haben in der Schule was von diesem Immanuel K. gelesen. Ich gebs zu: ich habe nichts kapiert davon, was sicher auch daran liegt, dass er so eine komische, altmodische und verwurschtelte Sprache schreibt. Ob die damals alle so geredet haben?

Nur den Satz von der selbstverschuldeten Unmündigkeit, den hab ich mir gemerkt – der war richtig gut. Beim Mittagessen hab ich es glatt geschafft, Susanne und Anatol damit zum Schweigen zu bringen. Der Mund ist denen offen stehen geblieben, als ich das gesagt habe. Werd ich noch öfter einsetzen!

Aber nun zu meinem Gedicht. Es ist vielleicht nicht so gut wie das vom Böhmermann, leider. Dafür reimt es sich! Und wenn Susanne schon nichts mehr einfällt, was sie hier schreiben will, dann kann ich meiner Phantasie ja mal freien Lauf lassen und mich gleichzeitig bisschen über Susanne lustig machen. Und insgeheim hoffe ich, Anna damit etwas beeindrucken zu können. Gedichte mag sie total – von Goethe und Ingeborg Bachmann und so Leuten. Vielleicht gefällt ihr meines ja auch.

Also hier ist es:

Variationen über die Schreibblockade

Schreibblockade
Barrikade
Alles fade –
Nur Fassade!

Schreibblockade
Satzbrigade
richtig gerade
für die Schublade?

Schreibblockade
Schokolade
Wortscharade
schlägt Chamade
auf der Tastenpromenade

Gnade Gnade Schreibblockade!
Marmelade

Hasstirade
Satzkaskade
Kohlroulade
Alles Alles Maskarade!

Elie, Dichter und Saurier

164. Kapitel – Eine Lamentatio

Geschätzte Leserinnen und Leser, Euch ist aufgefallen, dass in diesem Blog eine irritierende Stille herrscht. Mir, Anatol, ist es jedenfalls nicht verborgen geblieben.

Daher nehme ich selbst die Feder in die Hand und teile Euch mit, warum mein (MEIN !) Blog verödet. Zumindest eine Erklärung ist man seinen Lesern schuldig, finde ich. Nicht so Susanne! Tagaus, tagein klagt und jammert sie: sie habe zuviel Arbeit und keine Zeit für den Blog – keine Inspiration, keinen „Flow“… manchmal heisst es auch hochtrabend, es handele sich gar um eine Schreibblockade.

Papperlapapp! Derlei dient nur dazu, den Anschein einer Professionalität zu erwecken, von der in Wirklichkeit keine Rede sein kann.

Wenn ihr nichts mehr einfällt, hat ihr Arm eine Sehnenscheidenentzündung. Morgen schreibe man aber bestimmt wieder im Blog. Ja, ja.

Faule Ausreden, sage ich. Wie oft habe ich ihr gesagt, sie solle ihre Ideen sammeln, und dann frisch losschreiben! Die Inspiration will erhascht sein! Sie wird sich nicht einstellen, wenn man dumpf und träge vor dem Bildschirm sitzt und sich durch stupide Internetseiten klickt.

Nun muss ich zugeben, dass die Aktualität der letzten Wochen und Monate alles andere als anregend gewesen ist. Als Saurier verfolge ich das Zeitgeschehen von jeher mit großem Interesse – seit kurzem aber vor allem mit zunehmender Sorge. Leider weiss ich, dass der Mensch, seit er im Holozän entstand, an Intelligenz – wenn überhaupt – nicht viel hinzugewonnen hat. Seine Vorliebe für aggressive, psychisch auffällige Alpha-Affenmännchen ist seit diesen weit zurückliegenden Tagen ungebrochen. Zu gern macht er diese zum Herdenführer und unterwirft sich ihnen bereitwillig.

Gerade beobachten wir eine lange nicht mehr dagewesene Konzentration dieser Männchen überall auf der Welt. Wüsste ich es nicht besser, so würde ich darüber lachen. Aus meinen Erfahrungen der letzten Jahrmillionen heraus aber habe ich Angst. Ich fühle mich ohnmächtig – als müsste ich tatenlos zusehen, wie ein unabwendbares Schicksal seinen fatalen Lauf nimmt. Sollten wir es nicht besser wissen? Welches brüllende Alpha-Männchen hat jemals der Welt gut getan? Ich kann mich an keines erinnern.

Elie reagiert auf die neuesten Entwicklungen wie er es auch sonst tut: er geht demonstrieren. Seine Papp-Manifeste, die er – an ein umfunktioniertes Stäbchen vom benachbarten Chinarestaurant angeklebt – in die Höhe hält, sind Sinnbild unserer Ohnmacht. „Keine Macht dem Rassismus“ steht darauf, „Europa = 70 Jahre Frieden“ oder „Rettet Aleppo“. Nebenan werden Tyrannen groß.

Elie weiss nicht mehr, für oder gegen was er noch demonstrieren soll. Es gibt zu vieles, was man anklagen muss. So oft kann er gar nicht demonstrieren.

Gestern hatte Elie das berüchtigte Böhmermann-Gedicht hochgeladen und war schon dabei, es hier im Blog zu veröffentlichen – ein Manifest für Meinungsfreiheit und freie Presse. Susanne hatte das Vorhaben in letzter Sekunde bemerkt und unter einem Entsetzensschrei den Stecker gezogen.

„Willst Du uns alle in den Knast bringen!?“ hatte sie Elie angeschrien.

„So weit ist es nun also gekommen! Hier bei uns!“ hatte Elie geheult – und war weggelaufen.

Nun sind alle Blogzugänge gesperrt und das Passwort mehrfach geändert. Was Susanne nicht weiss: ich kenne das Master-Passwort.

Morgen wählen Österreich und Italien. Ob wir dafür den Fernseher rausholen, wissen wir noch nicht.

Alles Liebe,

Anatol