164. Kapitel – Eine Lamentatio

Geschätzte Leserinnen und Leser, Euch ist aufgefallen, dass in diesem Blog eine irritierende Stille herrscht. Mir, Anatol, ist es jedenfalls nicht verborgen geblieben.

Daher nehme ich selbst die Feder in die Hand und teile Euch mit, warum mein (MEIN !) Blog verödet. Zumindest eine Erklärung ist man seinen Lesern schuldig, finde ich. Nicht so Susanne! Tagaus, tagein klagt und jammert sie: sie habe zuviel Arbeit und keine Zeit für den Blog – keine Inspiration, keinen „Flow“… manchmal heisst es auch hochtrabend, es handele sich gar um eine Schreibblockade.

Papperlapapp! Derlei dient nur dazu, den Anschein einer Professionalität zu erwecken, von der in Wirklichkeit keine Rede sein kann.

Wenn ihr nichts mehr einfällt, hat ihr Arm eine Sehnenscheidenentzündung. Morgen schreibe man aber bestimmt wieder im Blog. Ja, ja.

Faule Ausreden, sage ich. Wie oft habe ich ihr gesagt, sie solle ihre Ideen sammeln, und dann frisch losschreiben! Die Inspiration will erhascht sein! Sie wird sich nicht einstellen, wenn man dumpf und träge vor dem Bildschirm sitzt und sich durch stupide Internetseiten klickt.

Nun muss ich zugeben, dass die Aktualität der letzten Wochen und Monate alles andere als anregend gewesen ist. Als Saurier verfolge ich das Zeitgeschehen von jeher mit großem Interesse – seit kurzem aber vor allem mit zunehmender Sorge. Leider weiss ich, dass der Mensch, seit er im Holozän entstand, an Intelligenz – wenn überhaupt – nicht viel hinzugewonnen hat. Seine Vorliebe für aggressive, psychisch auffällige Alpha-Affenmännchen ist seit diesen weit zurückliegenden Tagen ungebrochen. Zu gern macht er diese zum Herdenführer und unterwirft sich ihnen bereitwillig.

Gerade beobachten wir eine lange nicht mehr dagewesene Konzentration dieser Männchen überall auf der Welt. Wüsste ich es nicht besser, so würde ich darüber lachen. Aus meinen Erfahrungen der letzten Jahrmillionen heraus aber habe ich Angst. Ich fühle mich ohnmächtig – als müsste ich tatenlos zusehen, wie ein unabwendbares Schicksal seinen fatalen Lauf nimmt. Sollten wir es nicht besser wissen? Welches brüllende Alpha-Männchen hat jemals der Welt gut getan? Ich kann mich an keines erinnern.

Elie reagiert auf die neuesten Entwicklungen wie er es auch sonst tut: er geht demonstrieren. Seine Papp-Manifeste, die er – an ein umfunktioniertes Stäbchen vom benachbarten Chinarestaurant angeklebt – in die Höhe hält, sind Sinnbild unserer Ohnmacht. „Keine Macht dem Rassismus“ steht darauf, „Europa = 70 Jahre Frieden“ oder „Rettet Aleppo“. Nebenan werden Tyrannen groß.

Elie weiss nicht mehr, für oder gegen was er noch demonstrieren soll. Es gibt zu vieles, was man anklagen muss. So oft kann er gar nicht demonstrieren.

Gestern hatte Elie das berüchtigte Böhmermann-Gedicht hochgeladen und war schon dabei, es hier im Blog zu veröffentlichen – ein Manifest für Meinungsfreiheit und freie Presse. Susanne hatte das Vorhaben in letzter Sekunde bemerkt und unter einem Entsetzensschrei den Stecker gezogen.

„Willst Du uns alle in den Knast bringen!?“ hatte sie Elie angeschrien.

„So weit ist es nun also gekommen! Hier bei uns!“ hatte Elie geheult – und war weggelaufen.

Nun sind alle Blogzugänge gesperrt und das Passwort mehrfach geändert. Was Susanne nicht weiss: ich kenne das Master-Passwort.

Morgen wählen Österreich und Italien. Ob wir dafür den Fernseher rausholen, wissen wir noch nicht.

Alles Liebe,

Anatol

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