Elie quengelt. Gestern hat er im Park seinen Freund Lilian gesehen – mit einem Tretroller. Lilian hatte den Roller zum Geburtstag geschenkt bekommen und ihn stolz im Park präsentiert.
Seitdem gibt es für Elie nur noch das Thema „Roller“. „Ich will auch so einen Roller haben wie Lilian!“ – so geht es in einer Tour.
„Elie, es tut mir so leid … aber wir haben im Moment überhaupt kein Geld, um Dir einen Roller zu kaufen. So ein Roller wie der von Lilian kostet sicher 100 Euro – das ist viel zu teuer. Wir bezahlen doch immer noch die Rechnung beim Tierarzt ab, für Tonio und seine Freunde.“ Normalerweise hätte ich Elie den Roller so sehr gegönnt. Aber im Moment erlaubt das Budget einfach keine solche Ausgabe.
Ich füge deshalb vermeintlich tröstend hinzu: „Außerdem sind Roller nur etwas für Vorschul-Dinosaurier. Du bist doch schon groß und gehst in die richtige Schule! Da fährt man keinen Roller mehr.“
„Nein, da fährt man mit dem Fahrrad – und das ist noch viel teurer als ein Roller!“ heult Elie.
Ich bin nun am Ende meines Lateins. Leider stimmt es ja, was Elie sagt. Ich bin immer wieder froh, dass Anatol nie solche Ansprüche stellt. Er ist eben schon etwas erwachsener – manchmal jedenfalls. So glücklicherweise auch heute. Anatol sagt nämlich die rettenden Worte:
„Wir brauchen keinen Roller zu kaufen. Ich kann einen bauen!“
Ich bin platt. „Wie und woraus willst Du denn einen Tretroller bauen, Anatol?“ frage ich ungläubig.
„Wir haben doch letztens die Bettkästen auseinandergenommen. Da sind unten ganz tolle Räder dran. Die können wir für den Roller verwenden. Dann brauche ich noch ein paar Bretter, Schrauben und einen Holzbohrer. Und daraus kann ich einen Tretroller bauen.“
Elie ist selig. Er himmelt Anatol manchmal richtig an wegen seines handwerklichen Geschicks und seiner tollen Ideen. Ich bin da etwas vorsichtiger – nicht, dass der Butler Star-Allüren kriegt und sein Saurierkopf zur Melone bzw. zum melon anwächst (wie man hier in Frankreich sagt, um einen Gernegroß zu beschreiben) … aber ich muss zugeben, dass ich heute sehr froh über Anatols Idee bin.
Anatol geht in die Abstellkammer und holt eines der Bettkasten-Bretter hervor. Daran sind in der Tat kleine Räder angeschraubt – damit haben wir die Kästen ja immer unter dem Bett hervorgezogen und wieder darunter gerollt:
Die beiden Rädchen schraubt Anatol nun ab und bringt sie an einem kleinen Brettchen an, welches das Trittbrett des Rollers werden soll:
Eine schwierigere Operation als die Räder stellt der Lenker dar. Anatol hat einen meiner Holz-Handbohrer als den am besten geeigneten Gegenstand identifiziert und duldet keine Widerrede, als ich ihm klarmachen will, dass der Bohrer ein Werkzeug und keine zu verarbeitende Sache sei. Leider findet sich nichts anderes, was als Lenker herhalten könnte.
Widerwillig erlaube ich daher die Verwendung des Bohrers.
Nun fehlt dem Roller noch ein Standbein. Anatol schraubt kurzerhand eine lange Schraube seitlich an das Trittbrett, und der Roller ist vollständig:
Elie traut seinen Augen nicht – und ich ehrlich gesagt auch nicht. Nie hätte ich gedacht, dass Anatol heute wirklich einen fahrtüchtigen Roller herstellen kann. Aber da ist der Roller:
Elie will nun sofort raus in den Park, und seinen Roller ausprobieren. Aber erst wird zuende gefrühstückt!
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