Hastig eilt Elie nach der letzten Schulstunde die Treppe herauf in den 4. Stock. Der Schulranzen fliegt in die Ecke, die Jacke verfehlt ihr Ziel am Haken über der Tür – aber Elie hat keinen Blick dafür.
Atemlos keucht er: „Schnell! Mach das Internet an! Der Blog ist in Gefahr! Oder besser: der Blog IST eine Gefahr!“
Stirnrunzelnd sehe ich den kleinen Saurier, der sichtlich in Panik ist, an. „Elie, was ist los? Hat jemand den Blog gehackt…?“ Besorgt knipse ich das Laptop an, das bisher unbehelligt im Regal gelegen hat.
„Nein, gehackt wurde nichts – jedenfalls noch nicht! Es sind nur diese Daten! Davor müssen wir den Blog schützen! Sonst müssen wir Geld bezahlen – viel Geld! Irgendwie ist es für den Blog an bestimmten Daten gefährlich, aber ich weiss nicht wann! Oder doch – Angelo hat es gesagt: am 25. Mai! An diesem Datum werden sie gefährlich, und davor müssen wir uns und den Blog schützen!“
Anatol hört für einen Moment auf, in seinem Ratatouille zu rühren. Er legt den Holzlöffel weg und stemmt die Hände in die Hüfte. Vorwurfsvoll meint er zu Elie: „Ich verstehe nichts von dem, was Du da erzählst, Elie. Gibt es auch eine verständliche Fassung?“
Elie beginnt zu stammeln. „Nein, ich habe es ja selbst nicht verstanden! Ich hatte gehofft, dass Ihr damit etwas anfangen könnt und dann wisst, was wir tun müssen. Angelo hat ein Referat gehalten, über diesen Datenschutz! Ich habe die ganze Zeit an Anna gedacht, und habe die erste Hälfte des Referats nicht mitbekommen. Nur gegen Ende habe ich wieder etwas zugehört, denn da hatte Anna eine Frage gestellt, und ich wollte die Antwort unbedingt verstehen, damit ich später mit ihr drüber sprechen kann – aber ich habe gar nichts kapiert… es ging um so technischen Kram mit Internet und IP und Plugs und das alles. Da habe ich keine Chance… aber dass uns hohe Strafen wegen des Blogs drohen, das habe ich verstanden! Vielleicht kommen wir sogar ins Gefängnis?“
Betrübt sieht der kleine Saurier zu Boden. Er ist kein Technik-Freak, das ist eine Tatsache.
Anatol nimmt den Löffel wieder an sich und rührt mit stoischer Gelassenheit weiter in seinem Schmortopf. „Na, das wird schon nicht so schlimm sein. Susanne hätte uns das sicher gesagt, wenn es für uns oder den Blog gefährlich wäre. Schließlich arbeitet sie den ganzen Tag im Büro an diesen Dingen. Wenn sie nichts gesagt hat, wird schon alles gut sein.“
Ich räusperer mich. Siedend heiss fällt er mir ein – unser Blog. Nachdem wir seit Monaten mit Chef und Kollegen im Büro daran arbeiten, unsere Webseiten in Ordnung zu bringen, Register einrichten und Datenschutzerklärungen verfassen, ist mir unser kleiner privater Blog ganz entfallen. Es stimmt: auch dieser muss bis zum 25. Mai datenschutzklar gemacht werden, sprich an die Anforderungen der gestrengen Datenschutzgrundverordnung angepasst werden.
„Das kann gar nicht sein!“ zetert Anatol. „Wir verkaufen doch nichts, und der Blog ist einfach nur zum Spaß da! Wie sollen wir da irgendwelche Datenschutzgeschichten beachten? Wie geht das überhaupt?“
Ja, wie geht das überhaupt. Diese Frage ist berechtigt, denn anders als im Büro steht mir beim Blog kein Technikerteam zur Verfügung, das mir erklären kann, welche Anwendung welche Datenschnipsel sammelt, und wie man das gegebenenfalls abstellen kann.
Unser Blog wird von WordPress gehostet, und WordPress verdient damit Geld – mit der Werbung, die ab und zu in unserem Blog geschaltet wird. Leser können Kommentare hinterlassen, Artikel „liken“ oder sie in den sozialen Netzwerken teilen. Wir verdienen damit zwar nichts, aber das ist der Datenschutzgrundverordnung egal. Denn beim Kommentieren, „Liken“ oder Teilen werden persönliche Daten hinterlassen – und an WordPress und die sozialen Netzwerke weitergegeben, und das ist für die neue Verordnung ausschlaggebend. Zudem nutzt WordPress diverse „Tools“, wie ein Antispam-Tool, eine Statistik-Software und Plugins (von denen ich nicht einmal weiss, wozu sie dienen…).
Wie sollen wir es schaffen, all dies technisch zu durchdringen und dann mit den korrekten Datenschutzerklärungen zu versehen … ich seufze und schlage die Hände über dem Kopf zusammen.
Anatol hat indessen den Deckel auf den Schmortopf geworfen und ist von der Küchenzeile gesprungen. Mit einem Satz ist er vor dem Laptop und ruft den Blog auf.
„Ich gehe jetzt auf die Suche. Irgendwo im Internet werden wir schon eine Anleitung finden, um den Blog datenschutzsicher zu machen!“
Als erstes weise ich den Saurier an, die Kommentarfunktion und die Social Media-Buttons zu deaktivieren. Ob das geklappt hat, werde ich in Kürze kontrollieren.
Elie hat indessen einen wunderbaren Vorwand gefunden, um mit Anna zu telephonieren: er braucht dringend Nachhilfe im Datenschutz, und Angelo kann er nicht fragen – der ist ja viel zu beschäftigt…
Nachtrag: wir haben die Kommentarfunktion und die „Likes“ wieder eingebaut. Ein Blog ohne Kommentarmöglichkeit ist kein Blog! Aber wir haben bei WordPress nachgefragt, wie man diese leidigen IP-Adressen loswird, die automatisch gespeichert werden, obwohl wir das ausdrücklich nicht wollen … wir halten Euch auf dem Laufenden.
Anonymous says
Testkommentar von Anatol!