Epilog
Von Waldeck bis Giflitz mit dem Fahrrad, dann in der Eisenbahn über Frankfurt, Mannheim und Karlsruhe bis nach Kehl – so waren wir nach unserem schaurigen Aufenthalt am Edersee wieder zu Hause eingetroffen.
Elie springt die Treppen bis zur Wohnung so schnell hinauf, dass er schon oben angelangt ist, als Anatol und ich noch im zweiten Stock schnaufen.
„Zu Hause ist es am schönsten!“ kräht er durchs ganze Haus. Ich hingegen denke fast ein wenig melancholisch an die verzauberten Momente auf dem Belle-Epoque-Ball. Sind es wirklich alles nur Trugbilder – Ausgeburten der höllischen Phantasie des Wiedergängers – gewesen? So ist es wohl. Betrübt denke ich an den sonnigen Vormittag am Edersee zurück, der so unbeschwert und ganz ohne gespenstische Begebenheiten verstrichen war…
Anatol scheint meine Gedanken zu erraten. „Von Hollow hat uns insgeheim nur genau das gezeigt, was wir sehen wollten. Nichts von alledem war wirklich da – weder das Anwesen, noch die große Buche, noch unser Turmzimmer – und auch nicht die Menschen auf dem Ball.“ Ich schüttle mich vor Unbehagen. Wie ich hätte dort enden können, wenn meine Saurier nicht so furchtlos und entschlossen gehandelt hätten – ich mag es mir nicht vorstellen.
Wir betreten die Wohnung. Hinter der Tür wartet – erfreulich real – der von den Katzen in unserer Abwesenheit hergerichtete Schweinestall. Streukrümel, Futterreste und Fellbüschel zieren großzügig den Fußboden, das Sofa und unsere anderen Habseligkeiten. Satt, aber sichtlich schlecht gelaunt liegen die Tiere auf meinem Bett und würdigen uns keines Blicks. Es hat ihnen an nichts gefehlt – dennoch muss man sein Missfallen daran zeigen, gleich mehrere Tage nicht die gewohnten Personen um sich gehabt zu haben: dies ist für eine Katze unverzeihlich.
Ganz unaufgefordert machen die Butler sich daran, ein Gemüsecurry aus den im Kühlschrank noch vorhandenen Resten zu köcheln, während ich die von unseren kätzischen Freunden verursachte Sauerei – jedes andere Wort wäre hier gänzlich unpassend – beseitige. Nach einer Stunde ist alles blitzblank und der Curryduft dringt aus der Küche … ein Glücksgefühl durchflutet mich.
„Warum sind wir eigentlich weggefahren?“ fragt Elie. „Zu Hause geht es uns doch am Besten. Hier versucht niemand, uns in irgendwelche Tümpel reinzuziehen! Und damit es bei uns noch schöner wird, haben Anatol und ich gerade beschlossen, ab morgen den Keller und unsere Gerümpelkammer auszuräumen. Alles muss raus! Nicht, dass sich in dem alten Krempel noch irgendwelche Geister einnisten!“
Der nächste Morgen beginnt früh. Anatol ist bereits um 5 Uhr auf – ich höre ihn in der Gerümpelkammer rumoren. Ich wühle mich aus dem Bett heraus, reibe mir die Augen und will mich in die Küche begeben – aber schon stehe ich, nur mit meinem Sommerpyjama bekleidet, auf der Treppe. Die Wohnungstür steht sperrangelweit auf, Anatol wirft Krempel in Größenordnungen auf den Gang, während Elie die Katzen am Entweichen ins Treppenhaus hindert.
Ich vermute, dass die Aufräumorgie eine Art „Gespenstertrauma-Bewältigungsstrategie“ für die Saurier sein muss: in ordentlichen Haushalten lassen sich bestimmt keine Wiedergänger nieder.
Ich gehe ich in die Küche und brühe mir einen starken Kaffee auf. Am Ende des Tages haben die Saurier ganze Kubikmeter Gerümpel aus Kammer und Keller geholt, in den gemieteten Lieferwagen getragen und zu Emmaüs gebracht.
Wir sind nun völlig gespensterfrei.
magguieme says
Gut so! Raus mit den Geistern!
Ein bisschen Dino-Esprit tut hin und wieder ganz gut.
majorneryz says
Ja. Wir fühlen uns regelrecht befreit von dem dunklen Zeugs …!