Mein heutiger Arbeitstag ist zuende, noch bevor er begonnen hat. Um 7 Uhr zuverlässig im Büro knipse ich meinen Computer an – und finde im Gegensatz zu meinem üblichen Schreibtischhintergrund eine große, rote Warnmeldung auf dem Bildschirm:
„Ihr Arbeitsplatz wurde gehackt. Bitte loggen Sie sich nicht ein und melden Sie sich umgehend bei Ihrer EDV.“
Ich runzle die Stirn. Wer soll denn meinen Computer im Büro hacken? Beunruhigt greife ich zum Telephonhörer und rufe die firmeninternen Informatiker an.
Der freundiche EDV-Kollege eröffnet mir, dass ich gleich wieder nach Hause gehen dürfe. Die Arbeiten auf dem Server, der einem massiven Hacker- und VIrenangriff ausgesetzt war, würden den gesamten Tag in Anspruch nehmen. Vermutlich müsse die ganze Abteilung heute aus technischen Gründen „aussetzen“.
Ich bin entsetzt. Was wird aus meinen Eilfällen? Meinen kartellrechtlichen Erörterungen, die für heute erwartet werden? Der Kollege hat darauf nur eine Antwort: „Keine Ahnung. Der Server ist jedenfalls down. Auf dem kannst Du bis auf weiteres nichts mehr machen.“
Der Chef stürmt in mein Büro. „Mein Computer ist weg! Was ist hier los?“
Ich erkläre in knappen Worten die missliche Situation. Ratlos sehen wir uns an.
Kurze Zeit später erscheint die Kollegin von der EDV und verhängt einen sofortigen Arbeitsstopp. Alle Rechner seien bereits heruntergefahren und vom Netz genommen worden. Die Mitarbeiter bekämen heute einen „Zwangs-„Urlaubstag. Am Montag sei der Schaden vermutlich wieder behoben.
Trotz der ärgerlichen Sachlage (ich muss mich eigentlich um gewisse Vorgänge dringend kümmern) fühle ich mich so wie damals in der 3. Klasse, als es ein einziges Mal Hitzefrei gegeben hatte. Nachdem mein anfänglicher Verdruss verflogen ist, gehe ich fröhlich pfeifend nach Hause. Es gibt wahrlich Schlimmeres, als einen Tag nicht zu arbeiten!
Zuhause empfangen mich – überraschenderweise – zwei ungemein servile und bemühte Saurier. Noch bevor ich die Wohnung betrete, werden mir die Schuhe ausgezogen und Jacke und Tasche abgenommen. Die Teekanne steht auf dem Stövchen und ein zweites Frühstück steht bereit.
Was ist hier los? Hatten die Butler etwa mit meiner Rückkehr gerechnet?
„Nein nein!“ beeilt sich Anatol – etwas scheinheilig, wie ich finde – zu erklären. „Edouard ist doch bei Euch in der Kantine, für seinen Sommerjob. Er hat uns angerufen, dass bei Euch Virenalam ist – oder sogar Hackingangriff.“ Übertrieben fidel fügt er hinzu „Aber das ist ja auch ganz egal, was das ist. Die Hauptsache ist, dass Du jetzt frei hast!“
Elie nickt überschwenglich. „Dieses Hacking ist richtig super, finde ich!“ Danach verstummen die Saurier und sehen beklommen zu Boden.
Misstrauisch beäuge ich die Butler. Woher wissen sie so viele Einzelheiten? Die Kantine war von dem Angriff nicht betroffen, das weiss ich von den Kollegen. Edouard kann im Grunde davon nichts mitbekommen haben.
Ich räuspere mich.
Die Saurier beginnen nun, zu stammeln. Anatol zischelt Elie, der so aussieht, als wolle er in Tränen ausbrechen zu, er solle „die Klappe halten“.
Die Untiere verbergen etwas vor mir, das ist eindeutig. Hatten sie vor, heute etwas Verbotenes zu unternehmen, und wurden nun unerwarteterweise von mir unterbrochen?
Laut pfeifend macht sich Anatol an die Küchenarbeit. Elie verschwindet unter seiner Bettdecke. Gähnend teilt er mir noch mit, er sei „ja so müde!“
Hier ist eindeutig etwas im Busche. Ich nehme mir vor, das Gesochs ab jetzt gut zu beobachten. Sie werden sich vermutlich sowieso selbst verraten. Ich kenne meine Pappenheimer.
Für den Nachmittag nehme ich mir eine Fahrradtour nach Kehl vor, und danach einen Besuch in meinem Lieblingsladen.
So gesehen hat der Hackingangriff in der Tat etwas Gutes.
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