105. Kapitel – Heiligabend mit den Dinos

Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest
uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.

Heiligabend ist da. Als ich heute morgen aus dem Haus gehe, sind die Butler glücklicherweise nicht mehr im gleichen desolaten Gemütszustand wie gestern – habe ich doch versprochen, möglichst um 18 Uhr schon zu Hause zu sein und mich dann nur noch um Bescherung und Weihnachtsessen zu kümmern.

Zudem habe ich den Sauriern erlaubt, heute Nachmittag die Silas-DVD anzugucken, um so das „Warten aufs Christkind“ erträglicher zu machen. So werden sie wohl nicht allzuviel dummes Zeug anstellen. Vorher – so habe ich ihnen aufgetragen – sei jedoch die Wohnung aufzuräumen und zu putzen. Erst dann dürfe Silas geguckt werden.

„Ja ja!“ hatten die Butler mir hinterhergerufen. „Das machen wir alles! Wir sehen Dich dann um 18 Uhr – komm nicht zu spät!“

In der freudigen Erwartung einer sauberen, aufgeräumten Weihnachtswohnung verabschiede ich mich und begebe mich zur Arbeit.

BüroIm Büro türmen sich die Akten auf meinem Schreibtisch.

Alles, was wohlmeinende Kollegen noch vor den Weihnachtsfeiertagen erledigt sehen wollen, ist in meinem Eingangskörbchen – welches allein gar nicht ausreicht – gelandet. Die Stapel müssen noch am heutigen Tag verschwinden … seufzend mache ich mich an die Arbeit.

Gegen 15 Uhr klingelt das Telephon. Es ist Anatol. „Wir haben alles fertig aufgeräumt und geputzt. Dürfen wir jetzt schon Silas gucken?“

Ich willige ein. Silas war die erste ZDF-Weihnachtsserie, die ich gesehen habe – ich war damals begeistert gewesen. „Silas“ zu Weihnachten ist auf jeden Fall erlaubt. Zudem muss ich ja auch noch weiterarbeiten. Vor 18 Uhr werde ich nicht gehen können, befürchte ich.

Um 16 Uhr leert sich das Haus. Die Lichter in den Büros werden eines nach dem anderen gelöscht – schließlich bleiben auch die Gänge dunkel.

IMG_3327Da – ein Geräusch dringt in mein Büro. Ein Schaben, Türklappen … dann höre ich Stimmen. Das Licht ist aber nicht angegangen. Sind das etwa Einbrecher? Leise schleiche ich zu meiner Bürotür, die einen Spalt offensteht. Im Gang bietet sich mir dieses Bild: die Butler müssen sich durch den Einlass geschmuggelt haben, die Treppe hochgeklettert sein bis in den 3. Stock – und dann bis zu meinem Büro geschlichen sein. Den Bewegungsmelder für das Licht haben sie offensichtlich nicht ausgelöst. Es ist stockdunkel um uns herum.

In diese dunkle Stille kräht Elie hinein: „Wir holen Dich ab! Schluß mit Arbeiten. Dein berufliches Harakiri-Kamikaze ist zuende!“

Anatol nickt. „Pack Deinen Kram zusammen. Du hast genug getan. Wir haben noch viel vor, und dazu brauchen wir dich.“

Ich seufze. Die beiden haben recht. Das meiste habe ich sowieso erledigt, und alles andere muss nun bis nach Weihnachten warten. Ich nehme meine Tasche, den Mantel – Weihnachten kann endlich beginnen!

Anatol ordnet als erstes an, dass wir nicht nach Hause fahren, sondern uns zum Place de Bordeaux begeben – zum Weihnachtsbaumstand. Ich sträube mich. „Wir können keinen Weihnachtsbaum kaufen. Die Katzen zerpflücken uns den, der hält keine 2 Tage. Wenn Tonio nicht auch noch dagegen pieselt.“

IMG_3310Elie wendet fröhlich ein „Nein, wir kaufen jetzt keinen Baum. Das brauchen wir auch nicht. Wir haben ja schon einen gekauft! Er ist dort versteckt, weil wir ihn nicht bis nach Hause tragen konnten!“

Mich trifft der Schlag. Seit Jahren habe ich keinen Weihnachtsbaum – zu groß ist die Angst vor den pelzigen Massenvernichtungswaffen, die hier im Haus ihr Unwesen treiben.

Nun sieht es jedoch so aus, als müssten wir uns der Katzengefahr stellen.

Ich freue mich. Von allein hätte ich den Baum sicher nicht angeschafft. Nun bin ich froh, dass die Butler die Sache in die Hand genommen haben.

Kurze Zeit später steht der Baum vor der HaustürIMG_3329. Die Butler freuen sich wie die Schneekönige!

Wir entschließen uns, den Stier bei den Hörnern zu packen und den Baum sofort mitten im Wohnzimmer aufzustellen.

Die Katzen reagieren schockiert, aber nicht indigniert. Sofort umringen sie den Baum – jedenfalls die Mutigeren. Andere ziehen es vor, sich zunächst zu verstecken.

Elie findet, dass nun der richtige Zeitpunkt für die Bescherung gekommen sei. Als erstes wird das Paket von Uyen auf den Gabentisch gestellt: dies soll ich sofort auspacken.

Voller Vorfreude öffne ich das Päckchen. Eine herrliche Dattel-Balsam-Creme kommt zum Vorschein, eine Rosenkonfitüre und eine Feigen-Orangenmarmelade. Ich bin sehr gerührt. Schon bald werden wir die Köstlichkeiten probieren!

Anatol zieht ein weiteres Paket hervor. Es kommt von Ewert und enthält mehrere wundervolle Teesorten. Das Geschenk der Butler an mich ist nicht ganz uneigennützig, aber das macht nichts. Wir trinken eben gern zusammen Tee!

Nun bin ich dran mit Geschenkeausgeben: Anatol bekommt die von ihm so schmerzlich vermissten Gewürze und Backmittel: Anis (gemahlen und als Samen) und Hirschhornsalz (letzteres selbstverständlich rein vegan). Alles ist natürlich von Ewert, unserer besten Adresse.

Elie rutscht ungeduldig hin und her. „Und ich? Krieg ich nichts?“ jammert er.

Anatol hat auch hier ein kleines Päckchen parat. Elie zieht einen aparten Schal aus der Verpackung – und verwandelt sich in einen Dandy.

Die Katzen sind unterdessen damit beschäftigt, die geschmückte Tanne zu zerlegen. Noch ist es ihnen allerdings nicht gelungen. Wir werden den Baum zumindest bis heute Nacht stehen lassen und ihn dann ins sichere Treppenhaus verfrachten.

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IMG_3341IMG_3344IMG_3345IMG_3348IMG_3349Wir hoffen nun, dass Weihnachten hier nicht so endet wie bei diesen armen Menschen:

IMG_3355WIR WÜNSCHEN ALLEN UNSEREN LESERN VON HERZEN EIN FRÖHLICHES, FRIEDVOLLES UND GESEGNETES WEIHNACHTSFEST !

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