55. Kapitel – Intendanzprobleme I

Fassungslos durchwühle ich meine T-Shirt-Schublade.

„Anatol!“ rufe,  nein: schreie ich. „Wo sind meine Trägertops!?“ Ich bin außer mir.

Verschlafen reibt Anatol sich die Augen. Der Faulpelz hatte noch geschlafen – obwohl es schon 7 Uhr 30 durch ist!

„Deine Trägertops…? Wo die sind? Ja keine Ahnung! Woher soll ich das denn wissen. DU trägst die doch.“

„Sieh Dir meine Schublade an! Sie ist leer!! Hier sollten alle meine Tops drin sein – die grünen, die in rosa und die weissen. Aber jetzt liegen hier nur noch 3 weisse Tops drin! Wo sind die anderen?!“

Anatol zuckt die Schultern.

„Oh Du Spitzbube, Du weisst es doch ganz sicher!“ rufe ich und will den Butler packen. In Windeseile ist er da aber schon aufs Regal geklettert – und befindet sich außerhalb meiner Reichweite. Er weiss, dass ich sehr ungemütlich werde, wenn es um meine Klamotten geht.

Elie lugt aus der Küche hervor. Zumindest er hat sich schon am Kühlschrank zu schaffen gemacht – ich denke, um das Frühstück vorzubereiten.

„Ist heute dicke Luft?“ fragt er schüchtern.

Anatol gibt – vom sicheren Regal aus – ein Schnauben von sich. „Sie hat ihre Sachen nicht aufgeräumt, findet nichts mehr und ICH soll Schuld sein.“

Elie druckst herum. Irgendetwas will er uns nicht sagen. „Elie!“ sage ich mit drohendem Unterton. „Wo sind meine Sachen!?“

„Aber die haben wir doch alle aussortiert. Für die Kleidersammlung. Weisst Du noch – als wir entrümpelt haben. Im März. Du hast noch einen ganzen Blogeintrag dazu geschrieben, und sogar eine Kategorie „Entrümpeln“ in den Blog eingefügt.“

Siedend heiss fällt es mir ein. Ja, da war etwas gewesen. Kann es sein, dass ich selbst meine guten alten Trägertops aussortiert habe??

Anatol krabbelt vom Regal herunter. „Ich bin dann ja wohl entlastet. Gibt es mal einen Kaffee für mich, bitte? So ein böses Erwachen an einem Samstag Morgen hatte ich lange nicht.“ Er wirft mir einen scharfen Blick aus dem Augenwinkel zu.

So geht es nun nicht. „Wieso hast Du mich nicht davon abgehalten, all die schönen Sachen wegzugeben, Anatol! Das gehört klar zu Deinen Aufgaben!“ Ich bin außerordentlich aufgebracht.

Anatol schüttelt den Kopf. „Wenn DU etwas weggeben willst, dann ist das Deine Entscheidung. Und jetzt will ich nichts mehr davon hören. Die alten Klamotten waren sowieso zu klein geworden – und ich kann nichts dafür, dass Du Dir dieses Jahr keine neuen kaufen willst. Nun musst Du den Sommer eben mit 3 Trägertops überstehen.“

Ich würde am liebsten in Tränen ausbrechen. Mein schönes grünes Top, das ich mir 2001 gekauft hatte, und das so gut zu dem einen Anzug passte – das konnte ich doch unmöglich weggegeben haben…

Elie gießt mir einen Tee ein. Er meint, es sei doch gut, in der Schublade wieder soviel Platz zu haben. Ich sollte mich nicht so grämen wegen der alten Klamotten. Er selbst trage außer seinem Chèche oder meinem Kapuzenschal eigentlich nie Kleider. Sowas sei ganz überflüssig.

Letzterem kann ich mich nicht anschließen. Mir fällt aber ein, dass ich gerade erst einen Gutschein für meinen Lieblingsladen Somewhere bekommen habe… aber da gibt es ja noch meine Kleider“diät“ … was soll ich tun?

Elie flüstert mir zu: „Fridolin hat mir gesagt, dass sie bei Somewhere eine wunderschöne Sommerkollektion haben. Du kannst doch heimlich da mal gucken …? Vielleicht haben sie das eine oder andere kleine Trägertop für Dich.“

Elie ist ein Schatz. Ich weiss allerdings noch nicht, ob ich seinen Rat befolgen werde.

Nun gibt es Frühstück – ohne dicke Luft.

Hier geht es zur Fortsetzung: Intendanzprobleme II

 

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Comments

  1. majorneryz says

    Es ist im Grunde gar nicht so schwer – wenn man zwei plüschige Aufpasser hat, die einen von den schlimmsten „Sünden“ abhalten ^^ … wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, läuft das von ganz allein. Man hat ja im Grunde alles bzw. sogar mehr als das im Kleiderschrank.
    Ich habe das „Totalfasten“ allerdings eingestellt. Das habe ich nicht geschafft. Nun habe ich mich zu einer deutlich effektiveren Einstellung durchgerungen: es wird nur noch gekauft, was wirklich notwendig ist. Und das klappt sogar 🙂

  2. says

    Vielleicht traue ich mich auch. Denn wenn ich eines nicht leugnen kann, dann, dass ich genug Kleidungsstücke habe und sogar einmal ganz groß ausmisten können sollte…

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