Wie ging es mit Anatol weiter? Ich habe in meinen alten Tagebüchern nachgelesen und gebe sie hier im Originaltext wieder:
Tagebucheintrag vom 23. August 2013
Anatol hat heute seinen Dienst angetreten.
Vorerst erscheint er mir sehr motiviert und bemüht, alle Aufgaben zu meiner Zufriedenheit zu erledigen – ich kann mir nicht erklären, warum er bei anderen Anstellungen nicht überzeugt haben soll.
Fast glaube ich an eine Verleumdung seitens der Vermittlungsstelle.
Abends hat Anatol sich sehr diskret am Kühlschrank zu schaffen gemacht und mir ein Taboulé hergezaubert.
So ein Haus-Saurier ist großartig.
Tagebucheintrag vom 24. August 2013
Alle Katzen sind schwer krank. Im Stundentakt müssen Medikamente gegeben und Brühe eingeflößt werden. Tonio findet sein Katzenklo nicht und Sofa, Zimmerecken und Küchenfliesen halten als Ersatz her. Anatol fliegt von einem Katastrophenherd zum nächsten, wischt auf, gibt mir Medikamente an, damit ich sie verabreiche, kocht Hühnerbrühe.
Am späteren Nachmittag verkriecht er sich in die Wäscheschublade, zieht sich einen meiner Schals über den Kopf und lässt sich nicht mehr blicken. Ich hoffe, dass ich ihn nicht überfordert habe.
Später am Abend:
Anatol möchte vielleicht doch wieder ausziehen. Er ist sich nicht sicher, ob er dem Stress standhält. Für heute Abend hat er mir dennoch ein Gemüsecurry versprochen.
Ich bin entsetzt. Da stellt man einen Haus-Saurier ein, und dann will er schon am zweiten Tag kündigen!
Ich muss den Butler halten – allein werde ich der Lage hier nicht mehr Herr. Mein erster Versuch wird darin bestehen, eine Gehaltserhöhung anzukündigen. Zudem hole ich mir Rat bei Freunden. Vielleicht wissen die, was zu tun ist? So ein Telephongespräch tut ja auch gut…
So. Meine Freunde empfehlen mir, dem Butler einen vollkommen eigenen Bereich anzubieten. Das sollte ihm die nötige Sicherheit und auch Rückzugsraum vermitteln.
Die Diskussion mit dem Butler beginnt leider explosiv: Anatol beschwert sich über die unmöglichen Arbeitszeiten. Regelmäßig nach 22 Uhr warme Mahlzeiten bestellen – nein, das sei wirklich nicht die feine englische Art.
Trotz allem Ärger kocht Anatol mir ein Curry. Dabei lassen sich Probleme besser besprechen, findet er.
Ich muss sagen: dieser Butler ist unverschämt! Aber er kocht einfach göttlich.
Tagebucheintrag vom 25. August 2013
Ich habe Anatol einen klar definierten Arbeitsbereich zugewiesen: Kochen und Einkaufen, sowie Organisation des gesamten Haushalts. Anatol bekommt ein eigenes Fach im Regal, wo er sein Nest ganz nach seinen Wünschen einrichten kann.
Und ich habe sein Gehalt verdoppelt.
Anatol will jetzt doch bleiben.
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