171. Kapitel – Wenn Mogelpäckchen nicht ankommen…

Es ist zwar schon etwas spät dafür, aber wir möchten Euch den weiteren – durchaus extravaganten – Fortgang unserer Weihnachtspäckchengeschichte nicht vorenthalten!

Nachdem Anatol und ich – schäumend vor Wut ob der doppelten Bezahlung des Portos für das Paket – die Deutsche Post verlassen hatten, waren unsere Päckchen ihrerseits auf Reisen gegangen. Längere Zeit hörten wir nichts von ihnen – bis mehrere Dankeskärtchen von unseren Feinschmeckerfreunden hier eintrudelten: die Bredele waren gut angekommen, in jeder Hinsicht! Und so war unsere Wut über die Porto-Affäre verraucht, der Ärger hatte sich in Wohlgefallen aufgelöst.

Doch … haben auch alle Empfänger ihr Geschenk erhalten? Von meiner Dresdner Familie ist keine Antwort gekommen. Im Weihnachtstrubel kein Wunder… als Elie aber zum 1. Januar Neujahrswünsche überbringt, fragt er treuherzig nach, wie denn die Strasbourger Bredele geschmeckt hätten – und erntet verständnisloses Kopfschütteln. Welche Bredele? Ein Mennele? Nein – die seien nicht angekommen.

Weinend legt der kleine Saurier auf. „Unser Geschenk ist verschwunden! Sie haben es nicht bekommen… Jetzt glauben Jakob und Elisabeth, wir hätten zu Weihnachten nicht einmal an sie gedacht!“

Ich zucke zusammen. Das sogar doppelt bezahlte, voller feinster Leckereien steckende Päckchen! Das Mennele, und die Ingwerlebkuchen! Es schmerzt, sich vorstellen zu müssen, dass all die Näschereien im Nirvana der Deutschen Post untergegangen sein sollen!

Anatol schreit vor Wut auf. „Die haben meine Bredele geklaut! Wo ist der Kassenzettel der Post? Da muss doch eine Nummer draufstehen, womit die das suchen gehen können. Wo hast Du diesen dämlichen Zettel hingelegt?!“

Mir wird heiss. Der Kassenzettel von Anfang Dezember letzten Jahres … der ist im Altpapier. Minimalismus- und KonMari-Ordnung fordern, solche Überbleibsel käuflicher Aktivitäten unverzüglich dem Wertstoffrecycling, sprich: dem gelben Sack, zuzuführen – was auch geschehen ist.

Immerhin steht der gelbe Sack der letzten Wochen noch unten im Hausflur zur Abholung durch die Müllabfuhr. Ist der Zettel dort vielleicht doch noch zu finden? Anatol taucht kopfüber in den Papierpfuhl ein, rudert verzweifelt darin herum, wirft Schnipsel heraus … nach einer Viertelstunde fieberhafter Suche ist klar: der Zettel ist nicht mehr da.

Einen Verzweiflungsschrei ausstoßend verlässt Anatol den gelben Sack. „So ein verfluchter Mist!“ heult er. „Dabei haben wir uns so eine Mühe gemacht…“

Ich nehme mir vor, der Deutschen Post in Kehl demnächst einen Besuch abzustatten und mich eindringlich zu beschweren. Allerdings verliert sich auch dieses Vorhaben in Arbeitsstress, den Haushaltspflichten der Butler und unserer Sorge um den kranken Kater Tonio. Die Post hört also nicht weiter von uns.

Indessen steht im Frühjahr der Geburtstag meiner Schwester in Dresden an. Diesmal gehe ich ohne die Butler in die Biscuiterie, erstehe ein frühlinghaftes Kästchen voller Leckereien und schicke es – mitsamt Versicherung und Sendungsverfolgung – zu einem astronomischen Preis über die französische Post nach Dresden.

Den Sauriern bringe ich das Zettelchen mit der Sendungsverfolgung mit, welches den beiden erlaubt, stündlich genau zu ermitteln, wo das Päckchen sich gerade befindet. Jedenfalls diesmal soll unser Geschenk ankommen!

Punktgenau zum Geburtstag treffen die guten Dinge ein – wir bekommen sogar ein Photo zum Nachweis! Fast habe ich das Gefühl, dass die Freude über das Päckchen bei den Sauriern größer ist als bei der Beschenkten. Ich freue mich mit. Bei einem kurzen morgendlichen Geburtstagsanruf wird das verlorene Weihnachtspaket noch einmal erwähnt: es ist tatsächlich nie angekommen und auch nicht zurückgeschickt worden. Aber Ersatz ist nun da!

Als ich mittags von der Arbeit nach Hause komme und wie jeden Tag den Briefkasten öffne, liegt dort ein Paket. Wer hat uns denn etwas geschickt…? Ich nehme das Päckchen und traue meinen Augen nicht: es ist das Weihnachtspaket an die Dresdner, das zwei Monate nach seiner Absendung den weiten Weg nach Strasbourg zurückgefunden hat – und zwar am eben dem Tag, an dem sein Kollege, das Ersatzpaket, in Dresden eingetroffen ist.

Ein in knappem Behördendeutsch gehaltener Aufkleber prangt auf dem Päckchen: „Auslieferungsvermerk! Der Empfänger war nicht zu ermitteln: Gebäude/Hausnummer unbekannt!“ Darunter in Rot der Befehl: „ZURÜCK! Ausland – Frankreich.“ Eine kurze Kontrolle der Adresse sagt mir jedoch: diese hatten Anatol und ich völlig korrekt auf das Päckchen geschrieben.

Ich springe die vier Stockwerke hoch, so schnell es nur geht – und zeige das Wunderwerk postalischer Zustellungskunst zwei völlig verdatterten Sauriern.

„Das machen wir jetzt auf!“ ruft Anatol. „Ja – und dann essen WIR alle Plätzchen! Juhu!“ jubelt Elie. „Sind die Sachen überhaupt noch gut…“ wage ich einzuwerfen. „Die sind gut bis Mai!“ triumphiert Anatol. Schmecken tun sie, als hätten wir sie heute erst gekauft. Und wir essen Weihnachtsplätzchen auch im Februar noch sehr gern.

Die Wege der Deutschen Post sind unergründlich. Wenn man etwas Zeit hat, darf man sich aber durchaus auf sie verlassen.

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aufgegeben am 14. Dezember 2017 – zurück am 12. Februar 2018

 

 

 

 

 

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Comments

  1. Gierschlund says

    Bitte in der Fortsetzung schreiben, dass das schließlich in Dresden angekommene Paket mit Hochgenuss verzehrt wurde, wobei sich das männliche Familienoberhaupt durch eine abstoßende Gier hervorgetan hat. Er tut jetzt in der Fastenzeit Buße für sein egoistisches Verhalten

  2. majorneryz says

    Dein Kommentar sagt mir, dass irgendwann nach Ostern ein weiteres Päckchen „fällig“ sein dürfte … 😀

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